Stille Heldinnen in Steglitz-Zehlendorf
Im Bezirk haben außer den auf den Schlachtensee-Seiten beschriebenen Stillen Heldinnen auch in anderen Ortsteilen Menschen den in der NS-Zeit Verfolgten in vielfältiger Weise geholfen, sie versteckt, sie mit Lebensmitteln versorgt oder ihnen anderweitig geholfen. Die genaue Zahl ist nicht bekannt, die Namen sind nur von den durch den Senat Geehrten bekannt.
Zum Frauentag am 8.März 2014 habe ich einen Artikel zu den "Dahlemer Protestantinnen"
geschrieben anhand des von Manfred Gailus und Clemens Vollnhals
herausgegebenen Buchs: Mit Herz und Verstand - Protestantische Frauen im
Widerstand gegen die NS-Rassenpolitik, Berlin 2013, ISBN:
978-3-8471-0173-4

Zu den Dahlemer Protestantinen gehörte auch Maria Gerhard (auf dem Foto unten, rechts), über die bisher kaum etwas bekannt war. Im Tagesspiegel Blog für Zehlendorf ist zu ihr ein Beitrag von mir erschienen: http://www.tagesspiegel.de/berlin/bezirke/zehlendorf/ueber18/stille-helden-zehlendorfs-teil-6-der-serie-eine-furchtlose-frau/9949632.html
![]() | Zusammen mit Maria Gerhard wohnte in der Ihnestraße 51 jahrelange Charlotte Friedenthal (links), die unter den Nazis als "Jüdin" galt. Sie war eine wichtige Mitarbeiterin der Bekennenden Kirche. Ihr Lebensschicksal habe ich auch im Zehlendorf Blog beschrieben. |
Die Gedenkstätte Stille Helden schätzt, dass bis zu 20.000 Berlinerinnen und Berliner an solchen Hilfen
beteiligt waren, für Steglitz-Zehlendorf können wir also von mehr als 1.000
Helfern ausgehen. Wir kennen sie aber nicht. Stellvertretend sollen daher hier
diejenigen mit Name und Adresse genannt werden, die in einer Senatsinitiative
zwischen 1958 und 1966 als geehrt wurden.
Weitere 56 Personen aus Steglitz und 36 aus Zehlendorf wurden für die
Ehrung vorgeschlagen, aber nicht geehrt. Viele von ihnen starben, bevor
die monate-, manchmal auch jahrelange Bearbeitung abgeschlossen war. Bei
anderen gab es heute nur schwer nachvollziehbare Begründungen für die Ablehnung. So wurde
Pfr. Klamroth von der Steglitzer Markus-Gemeinde (UH 0900) nicht
geehrt, weil es nach Ansicht der Senatsinnenverwaltung zu den
"beruflichen und berufenen Aufgaben ... (des Pfarres) ... die Betreuung
von Personen, die sich in Not befinden", gehöre. Noch merkwürdiger mutet
es heute an, dass auch die vorgeschlagenen Gemeindehelferinnen nicht
geehrt wurden und dies ihnen aber nicht mitgeteilt werden sollte. Der
Vorschlag, Dr. Harald Pölchau(UH 1212), Gefängnispfarrer in Tegel, zu ehren, wurde
im Rahmen dieser Initiative abgelehnt, weil seine Hilfe "weitgehend
bekannt" sei, er also kein "Unbesungener Held" war. Die Ehrung von Ruth
Wendland (UH 1346), auch eine Pfarrerinnen und unermüdliche Helferin, wurde nicht vollzogen, weil sie in dieser
Zeit nach Westdeutschland gezogen ist, um endlich eine eigene
Pfarrstelle anzutreten.
Beide und andere wurden aber von der Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem als "Gerechte unter den Völkern"
geehrt. Leider gibt es auch von den Berlinerinnen und Berlinern, die
diese Ehrung erhielten, keine Liste. Keiner fühlt sich dafür zuständig.
Eine neue Aufgabe. Soweit ich von Personen aus Steglitz-Zehlendorf weiß,
dass sie als "Gerechte unter den Völkern" (GudV) geehrt wurden, habe
ich dies in den untenstehenden Listen vermerkt.
Ich veröffentliche diese Listen hier, um an diese Menschen zu
erinnern, aber auch um zu ermuntern, ihrem Lebensschicksal nachzuspüren, wie es
schon in einer kleinen Zahl von Veröffentlichungen, vor allem im Zehlendorf-Blog des Tagesspiegels
geschehen ist. Diese Veröffentlichungen habe ich den Namen hinzugefügt. Bei den Adressen handelt es sich um die Adressen,
die bei der Ehrung angegeben wurden. In einigen Fällen konnte schon erkundet
werden, dass diese Adresse auch der Ort der Hilfe war. Dies ist dann mit dem
Stichwort "Rettungsort" vermerkt worden, in den anderen Fällen muss dies noch
recherchiert werden.
Für die Unbesungenen Helden sind die damals angelegten Akten
alle im Landesarchiv Berlin vorhanden. Ihre Findstelle ist B-Rep 004 und B-Rep 078. Jede Akte
hat eine Nummer. Da es sich um die Ehrung der Unbesungenen Helden
handelt, wurden vor jede Nummer die Buchstaben UH gesetzt. Die in der Liste
befindliche Abkürzung UH0015 bedeutet z.B. also, Akte Nr. 15 der Initiative
Unbesungene Helden, in diesem Fall für Gertrud Staewen aus Dahlem. Die zwei
unterschiedlichen Findstellen beziehen sich auf den Aktenbestand des zuständigen
Entschädigungsamtes (B-Rep 078) und die Begleitakten der Senatsinnenverwaltung
(B-Rep 004). Für die Recherche im Landesarchiv wird empfohlen, mit den auf
Microfilm befindlichen Akten des Bestandes B-Rep 078 zu beginnen.
S t e g l i t z
Andreas-Friedrich Ruth,
Journalistin,
Steglitz
Hünensteig 6
(= Rettungsort)
(GudV) UH 1060
Berger
Otto,
Zahnarzt, (GudV)
Lichterfelde Händelplatz
1 (= Rettungsort)
oder Charlottenburg Kurfürstendamm 159 UH
0486
Boenick
Paul,
Steglitz
Schöneberger Str.
3
UH
0228
Bohnert
Wilhelm
und Marta, Schneiderwerkstatt,
Lankwitz Zietenstraße
22
oder Berlin 30 Schwerinstraße 10 UH
1099
Bruns Georg und Anna geb. Schwerdfeger,
Poliz.
Hauptwachm.,
Steglitz
Altmarkstraße
20a (= Rettungsort) UH
0275
Dangers
Dr.
Carl, Dipl Ing (28.8.62 verst.)
Laboratorium,
Steglitz
Schloßstraße
16 oder 74 UH
0333
Deglau
Marie,
Steglitz
Poschinger
Str. 20a
UH
0221
Gräwert
Margarete,
Lichterfelde, Lorenzstraße
8 UH
0692
Grzanna
Kurt
und Erna,
(auch
als UH 1527)
Steglitz
Flemmingstraße
5
UH
0230
Haberer
Alfred
und Marie,
Damenhutgeschäft,
Steglitz
Albrechtstraße
53b (auch Mariendorfer Str. 4a) UH
0848
Hoffmann
Paul
und Anna,
Lokalbesitzer,
Steglitz Hindenburgdamm
62
+ Bestensee (= Rettungsort) UH
0476
Jakubowski
Hedwig, Steglitz
Lepsiusstraße
94 UH
0497
Kiesewetter
Gertrud
+ Alwin,
PolRat,
Lichterfelde
Krummestraße
5 (= Rettungsort)
UH
0690
Klopfleisch-Claudius
Fritz,
Lichterfelde
Manteuffelstraße
23a
UH
1473
Kossmann
August,
Schmiedemeister,
Lichterfelde
Osdorfer
Str. 8 (= Rettungsort,)
auch: Giesendorfer Str. 5a
UH
0007
Kuhlmann
August,
Steglitz Bergstraße
2
Eggersdorf (=Rettungsort)
UH
0068
Leißner
Auguste geb. Schlatzke, Steglitz Körnerstraße
3
oder Berlin Mitte
Bundesratsufer 2 (GudV) UH 1304
Neumann
Emma,
Lichterfelde
Jägerdorfer
Zeile 15 UH
0207
Noerenberg
Otto,
Spediteur, (GudV)
Lichterfelde
Dürerstr.
41 (= Rettungsort) UH
0027
Pechmann
Elsa,
Steglitz
Adolfstraße
6 UH
0052
Quade
Werner
+ Elly,
Lichterfelde Briloner Weg 20/22
oder Berlin Neukölln Wipperstraße 18/19
UH
1445+UH 1444
Recke
Euphrosine,
Lankwitz
Siemensstraße
6 UH
0073
Röscher
Ida,
(siehe: Wiegel)
Lankwitz
Zietenstraße
26, (GudV) UH
0762
Schönhoff
Anna,
Hausangestellte, Steglitz Grunewaldstraße
39
Stettin (=Rettungsort) UH
0033
Schwarz
Helene,
Südende
Halskestraße
4 UH
0977
Seemann
Elisabeth, Steglitz
Albrechtstraße
60
UH
0978
Sommerfeld
Wilhelm,
Geschäftsführer Spedition Frömming&Co,
Steglitz
Borstellstraße
28
UH
0136
Sprengel
Eva,
Steglitz
Siemensstraße
6
UH
0072
Stein
Anna,
Lichterfelde
Berliner
Str. 85
(heute Ostpreußendamm) UH
0150
Tümler
Hertha
und Erich,
Lankwitz
Kaiser-Wilhelm-Str.
35
UH
0313
Urbscheit
Alice
gen.
Frau von Vultee, Steglitz Alsenstraße 16
Templin Jagdhaus (=Rettungsort) UH
0091
Weichert
Josef
und Marie,
Lichterfelde
Schwatlowstr.
10
UH
ohne Nr. (1958)
Weisbrich Frieda
und Otto,
Bankangestellter
Steglitz Albrechtstraße
76
oder Berlin Pankow Wisbyer Str. 56-57
UH
0097
Wiegel Frieda, siehe:
Ida Röscher
(GudV)
Lankwitz
Zietenstraße
26
Kreuzberg, Köpenicker Str. 34 (= Rettungssort) UH
0761
Wollmann, Hedwig UH 1315
Steglitz, Fregestraße 33 (=Rettungsort) (siehe auch: Kommunalpolitiker)
Zabel
Lotte
geb.
Ausländer,
Lankwitz
Dillgesstraße
39 UH
1520
Z e h l e n d o r f
Besch
Elfriede,
Hausangestellte
Zehlendorf
Riemeisterstr.
124 (=Rettungsort)
UH 0140
Gaßnick
Gertrud,
geb.
Golz 12.07.1903
Zehlendorf Ladiusstr.
24 (= Rettungsort ) UH
0298
Gerhard Maria,
Dahlem
Ihnestraße
51 (= Rettungsort)
UH
1151
Glathe
Gertrud geb.
Fischer, 08.05.1916
Zehlendorf
Rammsteinweg
7 (= Rettungsort)
UH
0152
Glawe
Ida
Dahlem
Hüninger
Str. 33 UH
1146
Kaulitz
Margarete,
Schlachtensee
Eiderstedter
Weg 33b (= Rettungssort)
UH
1475
Keller
Clara,
Zehlendorf
Düppelstraße
23
UH
1345
Klöpping
Martha, Hausangestellte
Dahlem
Spilstraße
8/10 (= Rettungsort) UH
1114
Krause
Hedwig,
Zehlendorf Prinz-Handjery-Straße
61 (= Rettungsort)
später: Schlachtensee Dubrowplatz 2 UH
0335
Langenscheidt
Katharina
(Ruth),
Wannsee
Kolomirstraße
2 (= Rettungsort)
UH
0039
Niquet
Ernst
und Erna,
Zehlendorf
Onkel-Tom-Straße
75 (= Rettungsort)
später: Sven Hedin Str. 7
UH
0358
Otte Hilde,
Schlachtensee
Niklasstraße
4(= Rettungsort) UH
1008
Pawlak
Johanna,
Zehlendorf
Eschershauser
Weg 27c
UH
0646
Reichmuth Hanna, Gemeindehelferin
Schlachtensee Dubrowstraße 42
Rook
Charlotte
geb.
Lönser,
Zehlendorf Brettnacher
Str. 25
Ferch (= Rettungsort)
UH
1338
Schaeder Hildegard, Handelslehrerin,
Dahlem, ??, (GudV)
Schleuß
Hellmuth,
Dipl.
Kaufm
Zehlendorf Kleinaustraße 19
oder Wilmersdorf Wittelsbacherstr. 5 UH 0070
Schmidt
Anna,
Wannsee
Golfweg (= Rettungsort)
auch: Zehlendorf Scharfestraße 17
UH
1365
Schoenberner
Anna Gertrud,
Zehlendorf
Fischerhüttenstr.
56f
(Vorher: Deisterpfad 31, (= Rettungsort)) UH
0043
Schröder Hanning + Dr. Cornelia geb. Auerbach,
Musiker (siehe Andreas-Friedrich, Stegl.)
Zehlendorf Quermatenweg 148 (=Rettungsort) (GudV)
Sentz
Paula,
Zwischenmeisterin
Zehlendorf Hochsitzweg
95
Zeesen (Wochenendhaus)
(= Rettungsort) UH
1036
Staewen
Gertrud,
Dahlem
Ladebergstr.
7
UH 0015
Strewe
Lucie,
Nikolassee
Spanische
Alle 84 (= Rettungsort)
später: Zehlendorf Fischerhüttenastraße 56a UH
1404
Venzke
Walther,
Berufsschuldirektor
Zehlendorf
Sven-Hedin-Str.
42
UH
0553
Vollmar
Gertrud,
Dahlem
Hammersteinstr.
2b
UH
0777
Wallner-Baste Franz, Dr. Phil.,
Schriftsteller,
Senatsrat
Zehlendorf
Argentinische
Allee 32a
UH
0182
Wandelmair
Katharina, Dahlem
Altensteinstraße
UH
0596
Weidt Else, siehe
Otto Weidt
Zehlendorf
Seehofstraße
53a
UH
0016
Wendland Ruth, Pfarrerin, (siehe: Andreas-Friedrich, Stegl.)
Schlachtensee Dubrowstraße 14 (GudV)
Werner
Lotte
und Tochter Marline,
Wannsee
Petzower
Str. 7
UH
0729
Wisten Trude, Schauspielerin,
Nikolassee, Waldsängerpfad 3 (=Rettungsort) (GudV)
Nach einigen Bemühungen hat die Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf
im April 2013 den Beschluss Nr. 511/IV gefasst und das Bezirksamt
gebeten, sich bei der Gedenkstätte der "Stillen Helden" in der
Rosenthaler Straße dafür einzusetzen, dass die dortigen Datenbestände
über die in der Senatsinitiative für die "Unbesungenen Helden" in den
60er Jahren Geehrten bzw. für eine Ehrung Vorgeschlagenen so aufbereitet
werden, dass diejenigen, die in Steglitz-Zehlendorf gewohnt haben,
ausgewiesen und dem Bezirksamt bekannt gemacht werden können.
Das
Bezirksamt hat im August 2013 geantwortet und mitgeteilt, dass "ein
genauer Zeitpunkt zur Präsentation der Ergebnisse durch das Bezirksamt,
sich wegen der langfristigen Recherchen noch nicht festlegen (läßt)." Zum Ende des Jahres 2014 gab es eine Zwischenmitteilung und im Frühjahr 2017 erschien auf der Seite des Kulturamtes ein Hinweis auf eine Datenbank zu den als "Unbesungene Helden" Geehrten aus dem Bezirk.
http://www.kultur-steglitz-zehlendorf.de/archive.html
Leider werden die Namen der Geehrten nicht genannt und eigene Recherchen sind ín der Datenbank nicht möglich, Anfragen müssen schriftlich erfolgen an: kultur.steglitz-zehlendorf@berlin.de